„HAUSSICHT“ – VISIONEN VOM WOHNEN
„Beim Entwerfen interessierte es mich, Räume für das Unvorhergesehene zu schaffen. Räume, die eine Offenheit haben im Gebrauch und sich daher über einen längeren Zeitraum verändern können – in ihrer Anmutung und in ihrer Funktion. Bei ´Haussicht ging es vor allem darum, ein neues Bild für die Holzbaukompetenz von Baufritz zu finden.“ Designer Alfredo Häberli
Zunächst beeindruckt die schiere Größe des Architekturensembles mit Haupthaus und Nebengebäude, mit ihren imposanten, weit ausladenden Holzdächern über filigranen Senkrechtstrukturen. Ein ganz besonderes Einfamilienhaus, und das nicht nur wegen seiner baulichen Dimensionen.
„Wir wollten dem ökologischen Holzbau ein neues Gesicht geben“, erklärt die Baufritz-Chefin Fritz-Kramer. Diese Formensprachen findet nur ein guter Designer wie Alfredo Häberli, ein weltweit anerkannter Schweizer Designer, der von sich selbst sagt: „Seit meiner Kindheit ist Architektur immer ein Thema in meinem täglichen Leben.“
FORMEN DER NATUR
In seinem Züricher Atelier entstanden die Grundrisse und Pläne für ein Holzhaus, das ganz neu gedacht wurde. Inspiriert vom Schiffbau, entwarf man die bugartigen Dachformen mit Schwingungen und Bögen – organische Formen, wie sie in der Natur vorkommen. Die Planung der großen Räume stellte das Baufritz-Team in Sachen Konstruktion und Tragfähigkeit vor großen Herausforderungen. „Wir mussten Bauteile ganz neu entwickeln,“ berichtet Baufritz-Bauleiter Alexander Fritz, „und sind bei der Statik weit über übliche Grenzen hinausgegangen.“ Doch genau das wollte man ja bei diesem Projekt: „Visionen realisieren – zeigen, dass es geht!“ Sagt Dagmar Fritz-Kramer.
So fand Architekt Stephan Rehm alles „extrem spannend“ und schmunzelt bei der Frage nach der Machbarkeit: „Das sieht man erst, wenn man es ausprobiert hat. Aber schließlich ist mit dem Hightech-Baustoff Holz (fast) alles möglich.“
Alfredo Häberli dachte bei der Gebäudeplanung „von innen nach außen“. Dabei stellte der Designer das übliche Nutzungskonzept „unten wohnen, oben schlafen“ quasi auf den Kopf. Im „Haussicht“ finden sich Kinder- und Elternschlafzimmer im Erdgeschoss – Kochen, Essen und Wohnen oben unter dem Dach. Das architektonische Rückgrat des Erdgeschoßgrundrisses bildet ein Element, das Wand, Tür und Möbel in einem ist. Es unterteilt als beidseitig nutzbare Schrankwand das Geschoss durchgehend in einen öffentlichen und privaten Bereich. Diesseits, nahe dem Eingang, finden sich mit üppigem Schrankraum die Funktionsbereiche Flur/Diele, Hauswirtschaft, Büro, Spielen etc. – ausklappbarer Tisch inklusive. „Aktivierung von Bauteilen“ nennt Häberli dieses Konzept. Durch die Schrankwand hindurch erschließen zwei Zugänge die klar voneinander getrennten Kinder- und Elternzimmer. Edle Holz- und Marmoroberflächen strahlen hier höchste Wertigkeit aus, und ein Thema für sich ist die integrierte Relax-Raumeinheit für die Eltern: mit Doppelbett, Badewanne und offenem Kamin!
BESTE AUSSICHTEN
In dem Begriff „Haussicht“ steckt auch das Wort „Aussicht“ – und die ist im Dachgeschoss überwältigend. Betritt man den Koch-/Essbereich, steht man gefühlt mit einem Bein im Freien, denn der knapp 90 m2 große Raum ist dreiseitig nahezu vollverglast. Die „Media-Koje“ im Wohnzimmer dominiert als Hauptmöbel den Raum: Auf einer drehbaren Scheibe mit drei Metern Durchmesser kann man wie im Kino auf verschiedenen Ebenen dem Raum zugewandt sitzen oder sich ganz der Medienwand zuwenden; dank variablem Tisch und unterschiedlichen Sitzgelegenheiten lassen sich flexible Kommunikationssituationen für Bewohner und Gäste schaffen.
Stichwort Generationenwohnen
Das Haupthaus wird ergänzt durch einen Holzbau, das „Stöckli“, dem Schweizer Wort für „Altenteil“. Er ist über eine freie Brücke mit dem Haus verbunden und dank offen gestaltetem Fahrstuhl und fließend ineinander übergehenden Räumen barrierefreie. Alternativ lässt sich das Stöckli als Multifunktionsbau für Heranwachsende oder als Büro nutzen. Firmenchefin Fritz-Kramer wünscht sich, dass „Haussicht“ „Erstaunen auslöst,“ wenn man sich fragt: „Das ist ein Öko-Holzhaus?“
Stellen wir zum Schluss noch die Frage: Muss ein Ökohaus so groß sein? „Natur heißt Fülle, heißt Überfluss“, betont Dagmar Fritz-Kramer, und Alfredo Häberli führt aus: „Hierbei geht es um die Haltung, nicht um die Zahl der Quadratmeter.“
Was auch bedeutet, dass man das Konzept ebenso gut kleiner umsetzen kann, wie beispielsweise beim nahezu autarke Öko-Musterdesignhaus „Alpenchic“ im Bauzentrum Poing, Nähe München. Hier wird Regionalarchitektur mit Highend-Technik neu interpretiert.